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Die bessere Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Privatleben ist unter dem Schlagwort Work Life Balance schon seit einigen Jahren in der öffentlichen Diskussion, die angesichts steigender Anforderungen im beruflichen Alltag mit zunehmender Vehemenz geführt wird. Der Beitrag analysiert bestehende Modelle familienorientierter Arbeitszeitregelungen und erweitert den Blick auf andere Lebenstätigkeiten, indem das vermeintliche Gegensatz paar Work und Life als weniger konträr gedeutet wird als in der Großzahl der einschlägigen Publikationen.
Einleitung
Unter dem Stichwort »Work Life Balance« finden sich im Internet zur Zeit über 90 Mio., unter den Stichworten »Beruf und Familie« bzw. »Familie und Beruf« rund 1,7 Mio. Einträge. Dies zeigt, dass hier eine Problematik existiert, der offensichtlich eine große Bedeutung beigemessen wird. Die öffentlichen Diskussionen wie die Mehrzahl der berichteten praktischen Beispiele konzentrieren sich auf Arbeitszeitmodelle, mit deren Hilfe eine Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familienleben ermöglicht werden soll. Eine erweiterte Perspektive ergibt sich aus dem Einbezug weiterer Arbeitsbedingungen und anderer »Life Domains«.
Bedeutung und Terminologie
In einer vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen undjugend in Deutschland publizierten Untersuchung über »Betriebswirtschaftliche Effekte familienfreundlicher Maßnahmen«1 wurden anhand von Controllingdaten aus zehn Unternehmen »die Wirkungen von familienfreundlichen Maßnahmen auf die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Betreuungsaufgaben analysiert sowie relevante Kostengrößen für Fluktuation und längerfristige Betriebsabwesenheit ermittelt«. Den Kosten für ein Programm familienfreundlicher Maßnahmen - hier: Beratungsangebote, Kinderbetreuung, individuelle Arbeitszeitmodelle, Telearbeit - wurden die dadurch erzielbaren Einsparpotentiale gegenübergestellt. Aus den Daten der analysierten Unternehmen wurde eine Modellrechnung für eine fiktive »Familien GmbH« mit 1.500 Beschäftigten und einer dem Bundesdurchschnitt entsprechenden Struktur der Belegschaft angestellt. »Innerhalb dieser Szenariorechnung wurde bei der Familien GmbH bei einem Aufwand fürfamilienfreundliche Maßnahmen in Höhe von rund 300.000 euro eine realisierte Kosteneinsparungvon 375.000 euro errechnet«2. Für ein schweizerisches Modellunternehmen - die »Familien AG« mit ebenfalls 1.500 Beschäftigten -wurde eine vergleichbare Szenariorechnung erstellt, die bei einem Aufwand von 247.000 Franken einen Nutzen von rund 267.000 Franken ergab.3
Derartige Kosten-Nutzen-Analysen könnten für einige Unternehmen Anlass sein, sich mit Fragen der »Work Life Balance« ernsthafter auseinanderzusetzen. Dass es sich hierbei um eine auch für die zukünftige gesellschaftliche Entwicklung höchst bedeutsame Thematik handelt, ist offensichtlich.
Die Vehemenz der in diesem Zusammen hang gerade jetzt geführten Diskussion sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich beim Begriff »Work Life Balance« um eine zwar eingängige, aber sachlich falsche und irreführende...