Kuckartz, Udo (2012). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung. Weinheim und Basel: Beltz Juventa, 188 S., 14,95 EUR, ISBN 978-3-7799-2815-7.
Die qualitative Inhaltsanalyse ist eine beliebte qualitative Auswertungsmethode, die in verschiedenen Forschungskontexten anzutreffen ist. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Interpretationstechniken, aber auch aufgrund ihrer Möglichkeit des induktiven und deduktiven Vorgehens, ist sie flexibel einsetzbar und ermöglicht die Bearbeitung verschiedener Fragestellungen. Aufgrund dessen, dass sie im Vergleich zu anderen qualitativen Auswertungsmethoden relativ stark regelgeleitet vorgeht, ist sie zudem auch noch verhältnismäßig einfach anzuwenden. Nichtsdestotrotz ist ihr der, mit vielen qualitativen Methoden häufig verbundene, Vorwurf angehaftet, dass sie in der Anwendung zu abstrakt und nicht "greifbar" ist. Obwohl die qualitative Inhaltsanalyse als qualitative Auswertungsmethode in der Forschungspraxis große Beliebtheit genießt, wundert es, dass aktuell bisher nur wenig deutschsprachige Einführungsliteratur zu dieser Methode vorliegt, die sich diesem Problem explizit annimmt. Während Mayring (2010) schwerpunktmäßig beispielsweise eher einen Überblick über verschiedene Interpretationstechniken der qualitativen Inhaltsanalyse in seinem Lehrbuch gibt, beschäftigen sich Gläser und Laudel (2010) in ihrem Lehrbuch stärker mit der Erhebungsmethode der leitfadengestützten Experteninterviews einerseits sowie mit einer der Methode der Extraktion arbeitenden qualitativen Inhaltsanalyse andererseits, die eine modifizierte Form der strukturierenden Inhaltsanalyse darstellt. Kuckartz verfolgt in seinem Band "Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung" hingegen das Ziel, eine anwendungsorientierte, computergestützte Einführung in die qualitative Inhaltsanalyse am Beispiel von Daten aus leitfadenorientierten Interviews zu geben. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt auf der Auswertungsphase und hier der kategorienbasierten Auswertung, sowie auf der Phase der Ergebnisdarstellung. Es wird der Anspruch formuliert, eine genaue und nachvollziehbare Darstellung der Vorgehensweise der qualitativen Inhaltsanalyse in Anbindung an die Gütekriterien der methodischen Kontrolliertheit und Regelgeleitetheit geben zu wollen. Diese inhaltliche Verknüpfung soll eine zentrale Leistung dieses Buches sein. Gläser und Laudel verfolgen ebenfalls das Ziel, eine anwendungsorientierte, computergestützte Einführung in die qualitative Inhaltsanalyse am Beispiel von Daten aus Interviews zu geben. Allerdings ist ihr Ansatz, was die Interpretationstechnik als auch die zu nutzende Software betrifft, als relativ speziell einzuschätzen. Kuckartz beschränkt sich dagegen in seiner Darstellung auf drei zentrale inhaltsanalytische Basismethoden, nämlich die "inhaltlich strukturierende Inhaltsanalyse", die "evaluative Inhaltsanalyse" sowie die "typenbildende Inhaltsanalyse", auch arbeitet er mit QDA-Software. Sein Lehrbuch stellt somit in Bezug auf die Interpretationstechniken qualitativer Inhaltsanalyse als auch hinsichtlich des Anwendungsbezugs und hier der zu verwendenden Software, eine solide Grundlage für das Arbeiten mit dieser Methode dar.
In Kapitel l werden zunächst Grundbegriffe wie "qualitative und quantitative Daten" und "qualitative und quantitative Datenanalyse" erläutert, bevor auf Merkmale qualitativer Forschung eingegangen wird. Auch wird auf die Bedeutung der Forschungsfrage, den damit verbundenen Typ von Forschung und die Wahl der Forschungsdesigns eingegangen. Kuckartz weist zudem auf die Vielfalt qualitativer Ansätze und das Problem eines fehlenden gemeinsamen "theoretischen und methodischen Verständnisses" qualitativer Forschung sowie auf das Fehlen von Leitlinien zur Auswertung qualitativer Daten hin. Der Autor leitet hieraus die Notwendigkeit einer "methodischen Strenge" für die qualitative Forschung ab, welche sich einer Orientierung an Gütekriterien sowie der Beschreibung und Dokumentation von Verfahrensweisen verpflichtet. Mit Hilfe dieser lasse sich Nachvollziehbarkeit und Glaubwürdigkeit der eigenen Forschungsergebnisse sowie eine höhere Reputation qualitativer Forschung gegenüber einer "sceptical audience" herstellen. Kuckartz vertritt die Position, dass qualitative Daten neben quantitativen Daten lediglich eine "andere Form von Daten" darstellen, die ebenfalls methodisch kontrollierter Analyseverfähren bedürfen. Er schätzt die Formulierung (zu) allgemeiner, methodenübergreifender Kriterien und Standards innerhalb der qualitativen Forschung jedoch als problematisch ein, da solche Kriterien und Standards seiner Ansicht nach suggerieren, dass man ohne methodische Kontrolle forschen könne. Mit dem Verweis auf die Notwendigkeit von Gütekriterien und Verfahrensbeschreibungen und -dokumentationen spricht sich Kuckartz aus diesem Grund für die Ausformulierung methodenspezifischer Kriterien innerhalb der qualitativen Forschung aus. Sein Ziel ist es am Beispiel der qualitativen Inhaltsanalyse zu zeigen, dass "methodische Strenge" innerhalb der qualitativen Forschung notwendig und sinnvoll ist.
Im zweiten Kapitel geht Kuckartz auf die historischen Wurzeln der qualitativen Inhaltsanalyse ein. Der Autor weist zunächst auf die besonderen Leistungen Max Webers hin, der sich mit der Analyse von (Massen-)Medien beschäftigte, unter Rückgriff quantitativer Messzahlen die Relevanz bestimmter Themen in diesen (Massen-)Medien herauszuarbeiten suchte und mit dieser Vorgehensweise die Entstehung einer den manifesten Inhalt von Texten quantifizierenden, klassischen Inhaltsanalyse einläutete. Neben der klassischen Inhaltsanalyse geht Kuckartz auch auf die klassische Hermeneutik ein, die mit ihren Grundprinzipien die Entwicklung einer den Aspekt der Bedeutung von Texten erschließenden, verstehenden, qualitativen Inhaltsanalyse ebnete. Mit dem nachfolgendem Eingehen auf Phasen der inhaltsanalytischen Auswertung sowie dem Herausarbeiten von Charakteristika der qualitativen Inhaltsanalyse gelingt es Kuckartz, die historische Entwicklung der qualitativen Inhaltsanalyse als Weiterentwicklung der klassischen Inhaltsanalyse nachzuzeichnen und die Grundzüge der quali- tativen Inhaltsanalyse in knapper Form darzustellen.
In Kapitel 3 werden zentrale Begriffe der qualitativen Inhaltsanalyse wie beispielsweise "Kategorie", "Einheit" und "Codierer" eingeführt, das Ablaufschema klassischer und qualitativer Inhaltsanalysen vorgestellt sowie ein erster praktischer Einstieg in die qualitative Inhaltsanalyse mit konkreten Beispielen für Fallzusammenfassungen und Kategorienbildungen unternommen. Es wird vor allem deutlich gemacht, dass der Ablauf des Analyseprozesses bei der qualitativen Inhaltsanalyse weniger linear verläuft und somit flexibler ist als bei der klassischen Inhaltsanalyse. Dies betrifft nicht nur die Abfolge der Analyseschritte, sondern auch die Forschungsfrage, die bei der qualitativen Inhaltsanalyse während des Analyseprozesses modifiziert werden kann.
Im vierten Kapitel stellt Kuckartz mit der inhaltlich strukturierenden, der evaluativen und der typenbildenden qualitativen Inhaltsanalyse drei ausgewählte inhaltsanalytische Basismethoden vor. Die Auswahl dieser drei Methoden ist einerseits durch ihre je unterschiedliche Verfahrensweise begründet, andererseits durch ihre in der Forschungspraxis häufig vorkommende Verwendung. Neben Gemeinsamkeiten, Unterschieden und Charakteristika werden einzelne Verfahrensschritte des Ablaufschemas der jeweiligen Methode an Beispielen erläutert sowie Formen der Ergebnisaufbereitung und Ergebnispräsentation dargestellt. Die Orientierung an den Ablaufschemata soll den Leserinnen und Lesern eine nachvollziehbare Darstellung der Verfahrensweise der jeweiligen Methode ermöglichen.
Nachdem Kuckartz also in Grundbegriffe und Basismethoden qualitativer Inhaltsanalyse als auch ihre Verfahrensabläufe eingeführt hat, widmet er sich im fünften Kapitel der computergestützten qualitativen Inhaltsanalyse. Kuckartz stellt nicht nur dar, wie das Datenmanagement (Erstellen von Transkriptionen, Anonymisieren der Daten, Datenimport in QDA-Software sowie die Erstellung von Kommentaren, Memos und Kategorien) computergestützt gestaltet werden kann, sondern auch, mit welchen Funktionen QDASoftware bei der inhaltlich strukturierenden, der evaluativen und der typenbildenden Inhaltsanalyse eingesetzt werden kann. Aus Gründen der Nachvollziehbarkeit orientiert sich der Autor in der Darstellung auch hier wieder an den einzelnen Verfahrensschritten des Ablaufschemas der jeweiligen Methode. Am Ende des Kapitels stellt Kuckartz weitere, mit QDA-Software verbundene Analysemöglichkeiten wie das Erstellen von Visualisierungen, Text- und Hyperlinks sowie wortbasierte inhaltsanalytische Funktionen vor. Letztere ermöglichen das Erstellen von Keyword-in-Context Zusammenstellungen sowie eine diktionärsbasierte Wortsuche mit anschließender automatischer Codierung.
In Kapitel 6 schließlich folgen Ausführungen zu Qualitätsstandards qualitativer Inhaltsanalysen. Kuckartz versucht in diesem Kapitel eine Antwort auf die Frage zu geben, was gute Inhalts an alysen von schlechten unterscheidet. Der Autor möchte deutlich machen, dass die Orientierung an wissenschaftlichen Gütekriterien einen entscheidenden Beitrag zur Qualitätssteigerung qualitativer Inhaltsanalyse leistet. In Anlehnung an Miles und Huberman unterscheidet Kuckartz zwischen der internen Studiengüte und hier den Kriterien der "Zuverlässigkeit", "Glaubwürdigkeit" und "Verlässlichkeit" einerseits und der externen Studiengüte und den Kriterien der "Übertragbarkeit" und "Verallgemeinert)arkeit" andererseits. Kuckartz gibt den Leserinnen und Lesern dabei konkrete Fragen an die Hand, mit deren Hilfe die interne und externe Studiengüte beurteilt und die Qualität der eigenen Studie geprüft werden kann. Neben diesem Aspekt wird thematisiert, wie ein Forschungsbericht zu erstellen ist, wie Zitate aus dem Interviewmaterial zu handhaben sind, sowie wie eine qualitative Inhaltsanalyse zu dokumentieren ist. Das Ziel ist auch hier, den Leserinnen und Lesern praktische Hinweise zur erfolgreichen Gestaltung von Qualifikationsarbeiten zu vermitteln.
Im letzten Kapitel 7 werden den Leserinnen und Lesern zusammenfassend die Stärken der qualitativen Inhaltsanalyse aufgelistet. Es wird dabei sowohl auf die Vielseitigkeit, Flexibilität und Anwenderfreundlichkeit dieser Auswertungsmethode eingegangen als auch auf ihre Bedeutung in der Forschungslandschaft hingewiesen.
Insgesamt betrachtet stellt diese Publikation genau das dar, was sie laut Autor auch sein soll: eine anwendungsorientierte Einführung in die qualitative Inhaltsanalyse. Was dieses Lehrbuch insgesamt auszeichnet sind übersichtliche und knappe, aber dennoch umfassende und leicht zu verstehende Darstellungen von relativ komplexen Sachverhalten einerseits sowie vielfältige Anwendungsbeispiele zu einzelnen Verfahrensschritten andererseits. Die Leseund Anwenderffeundlichkeit wird des Weiteren unterstützt durch sich am Anfang eines jeden Kapitels befindende thematische Übersichten sowie durch anwendungsorientierte Tipps in Bezug auf die behandelten Methoden. Im Vergleich zu weiterer, häufig anzutreffender Einführungsliteratur in die qualitative Inhaltsanalyse, wie beispielsweiser jener von Mayring (2010) oder Gläser und Laudel (2010), zeichnet sich die Publikation von Kuckartz durch den Schwerpunkt auf drei bestimmte, in der Forschungslandschaft häufig anzutreffende Basismethoden der qualitativen Inhaltsanalyse aus. Zum anderen wird relativ detailliert auf den Aspekt der computergestützten Auswertung von Daten mit, in der Forschungspraxis häufig anzutreffenden, QDA-Software eingegangen, was in dieser Form in den anderen beiden genannten Publikationen nicht geleistet wird. Die Ausführungen zur Ergebnisdarstellung sowie den Gütekriterien sind, im Vergleich zu den Darstellungen zu den Auswertungsphasen, insgesamt etwas knapp ausgefallen. Auch wäre es wünschenswert gewesen, wenn die Ausführungen zu den Gütekriterien stärker an die Anwendungsbeispiele angebunden und diese an den entsprechenden Stellen in der Darstellung der Auswertungsphasen explizit erläutert gewesen wären, um ihre Relevanz für den Analyseprozess transparenter herausstellen zu können.
Zusammenfassend ist zu festzuhalten, dass sich das Lehrbuch von Kuckartz sowohl für mit qualitativer Inhaltsanalyse unerfahrene Leserinnen und Leser als auch für erfahrene Anwenderinnen und Anwender eignet, die ihr inhaltsanalytisches Methodenwissen auffrischen möchten. Zur Wissensvertiefung in Bezug auf über die behandelten Basismethoden hinausgehende Verfahren eignet sich dieses Lehrbuch nur bedingt, kann jedoch in inhaltlicher Hinsicht als gute Wissensgrundlage für die drei oben genannten, inhaltsanalytischen Methoden herangezogen werden.
Michael Pawicki
Literatur
Gläser, J. & Laudel, G. (2010). Experteninterviews und qualitative Inhaltsanalyse als Instrumente rekonstruierender Untersuchungen (4. Aufl.). Wiesbaden: VS.
Mayring, P. (2010). Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken (11., aktualisierte und überarbeitete Aufl.). Weinheim: Beltz.
Michael Pawicki, M.A., Institut für Schulentwicklungsforschung, Technische Universität Dortmund, Vogelpothsweg 78, Dortmund, Deutschland
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