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KATHARINA Kakar, Frauen in Indien. Leben zwischen Unterdrückung und Widerstand. München: Verlag C.H.Beck, 2015. 232 Seiten, € 14,95. ISBN 978-3-406-68315-2
Wie kommt es zu den verstörenden Gewaltszenen gegen Frauen in Indien? Welche Veränderungen bewirken globale Einflüsse, neue Berufsaussichten oder staatliche Programme zur Gleichstellung von Frauen? Warum hat ausgerechnet die Vergewaltigung einer jungen Studentin in Delhi die Öffentlichkeit in Indien und Europa aufgerüttelt?
Mit viel Feingefühl, fundiertem Datenmaterial und einem analytischen Ansatz geht Katharina Kakar sozialen und kulturellen Ursachen geschlechtsspezifischer Gewalt in Indien auf den Grund. Sie führt den Leser in die oft widersprüchlichen Lebenswelten indischer Frauen ein: u. a. skizziert sie das weitverbreitete Ideal der keuschen Ehefrau, ihren überhöhten Status als Mutter und die Bedeutung weiblicher Tugend für die Ehre von Familie, Kaste und des Dorfkollektivs. Diese Einsichten verdeutlichen den Zusammenhang zwischen etablierten Sozialstrukturen, Gewaltpotential und fehlender Unterstützung der Opfer sexueller Gewalt und Unterdrückung in Indien. Mitgiftmorde und selektive Abtreibung weiblicher Föten etwa betrachtet Kakar als Folge der untergeordneten Position von Ehefrau und Brautfamilie; die hohe Stellung als Mutter schlage häufig in Dominanz um und wecke bei Söhnen Aggressionspotential und den Drang nach Kontrolle über die weibliche Sexualität - Vergewaltigung entspringe daher nicht bloßem sexuellen Verlangen, sondern stelle eine brutale Art und Weise dar, den Status der Kaste zu manifestieren, so Kakar (S. 142-143).
Als Kernargument führt Kakar aus, wie die Unversehrtheit der Frau...