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Abstract
Hintergrund.
Das Pseudoexfoliations (PEX)-Syndrom ist weltweit die häufigste identifizierbare Ursache für ein chronisches Offenwinkelglaukom (PEX-Glaukom). Pathophysiologisch liegt beim PEX-Syndrom eine alters-assoziierte, generalisierte Störung der extrazellulären Matrixsynthese vor, die durch vermehrte Produktion und progressive Akkumulation eines abnormalen extrazellulären Materials (PEX-Material) in intra- und extraokulären Geweben charakterisiert ist. Die Blockade der Kammerwasserabflusswege mit fibrillären PEX-Ablagerungen führt zur Erhöhung des Augeninnendrucks und in der Folge zu einer glaukomatösen Sehnervenschädigung. Die typischen PEX-Fibrillen bestehen hauptsächlich aus elastischen Faserkompnenten, wie Tropoelastin, Fibrillin1, Fibuline und Latenttransforming growth factor beta-Bindeproteine (LTBPs) sowie dem quervernetzenden Matrixenzym Lysyloxidase-like 1 (LOXL1), und werden offensichtlich von verschiedenen epithelialen, endothelialen und mesenchymalen Zelltypen (z.B. Trabekelendothel und Fibroblasten) im Rahmen einer aktiven Fibrillogenese produziert.
Obwohl die zugrundeliegende Ätiologie komplex ist und die molekularen Ursachen noch nicht vollständig geklärt sind, scheint dieser fibrotische Prozess aus dem Zusammenspiel genetischer und nicht-genetischer Faktoren zu resultieren. Genomweite Assoziationsstudien konnten das LOXL1-Gen als wichtigsten genetischen Risikofaktor für die Entwicklung eines PEX-Syndroms/Glaukoms in allen geographischen Populationen weltweit identifizieren. LOXL1 ist ein Mitglied der Enzymfamilie der Lysyloxidasen, die entscheidend an der Quervernetzung und Stabilisierung von Kollagen- und elastischen Fasern im Bindegewebe beteiligt sind. LOXL1 ist insbesondere für die Quervernetzung von Tropoelastin zu Elastin und damit für Bildung, Stabilisierung und Umbau elastischer Fasern verantwortlich, was sich gut mit dem Pathogenese-Konzept des PEX-Syndroms als fibrotisch-elastotischer Erkrankung vereinbaren lässt. Eine dysregulierte Expression und/oder Aktivität von LOXL1 wurde sowohl bei fibrotischen als auch elastotisch-degenerativen Bindegewebserkrankungen, wie beispielsweise Aortenaneurysmen und Deszensus genitalis, beschrieben, die auch häufig in Assoziation mit einem PEX-Syndrom vorkommen. Gewebsspezifisch veränderte Expressionsstärken von LOXL1 scheinen auch entscheidend an der Pathogenese des PEX-Syndroms beteiligt zu sein. So konnten Studien zeigen, dass eine erhöhte Expression von LOXL1 einerseits an der Bildung und Aggregation des PEX-Materials beteiligt ist, eine verminderte Expression andererseits auch elastotisch-degenerative Veränderungen in elastischen Bindegeweben bedingen kann. Die Entschlüsselung der Regulationsmechanismen von LOXL1 bildet daher eine wesentliche Voraussetzung zum Verständnis der Pathobiologie der Erkrankung. Aufgrund der niedrigen Penetranz der assoziierten LOXL1-Risikovarianten und der komplexen Natur der Erkrankung wird jedoch postuliert, dass neben LOXL1 noch weitere ko-modulierende Faktoren an der Manifestation eines PEX-Syndroms beteiligt sein müssen.





